Selbstverständnis

Wer sind wir?

Wir sind eine Gruppe von Personen, die sich durch die Kritik an Hierarchien und Diskriminierung auf Grund von Geschlecht, Herkunft, ökonomischen Möglichkeiten und anderen gesellschaftlichen Schubladen zusammengefunden hat. Wir sehen uns als ein feministisches Kollektiv, das sich auf der Suche nach Raum zum Leben und Gestalten dazu entschlossen hat, zu besetzen. Den Raum, den wir uns so erkämpfen, wollen wir öffnen für Frauen* Lesben* Inter* und Transgender*.

Aus Erfahrungen, die wir alle immer und immer wieder machen haben wir entschieden, das Kollektiv und diesen Raum für Personen, die als Männer* aufgewachsen sind, als solche leben und deswegen von Privilegien profitieren, geschlossen zu halten. Wir verstehen Geschlecht nicht als naturgegeben, sondern als gesellschaftlich hergestellt. Die Vorstellung, dass alle Menschen entweder Frauen* oder Männer* sind, als diese geboren werden und ihr Leben lang bleiben, lehnen wir daher ab. Da diese Idee aber gesellschaftlich so tief verankert ist, dass sie unser Leben täglich bestimmt, müssen wir die Begriffe Frauen* und Männer* trotzdem verwenden. Um diese Vorstellung transparent zu machen, versehen wir sie mit einem Stern*.

Wir wollen ein Haus, das für FLIT-Menschen einen sicheren, kreativen und politischen Raum bieten kann. Frei von Homo-, Trans- und Interphobie sowie Sexismus.

In unserer Gesellschaft werden Personen bevorzugt, die als männlich identifiziert werden, was zu einer Abwertung von dem, was als „Weiblich“ oder nicht einordenbar wahrgenommen wird führt. Wir möchten daher eine Gruppe von Menschen bilden, die von diesen Diskriminierungen betroffen sind.

Wenn wir deswegen von Frauen* sprechen, benutzen wir den Begriff „Frau“ als politische Kategorie, da sich Personen, die in ihrem alltäglichen Leben als Frauen* gelesen werden, in einem Macht- und Herrschaftsverhältnis wiederfinden, in dem sie permanent mit sexualisierter Gewalt, ökonomischen Nachteilen und festgefahrenen Rollenverteilungen kämpfen müssen. Nie bedeutet dieser Begriff aber, dass es sich um eine homogene Gruppe oder einheitliche Identität handelt.

Wir haben ein Kollektiv gebildet als Personen, die sich aufgrund ihrer Geschlechtszuweisung und Sozialisation von eben diesem, männerdominierten und klar hierarchischem Gesellschaftssystem betroffen fühlen, auch wenn wir uns darüber bewusst sind, dass wir auf anderen Ebenen klar privilegiert sind. Aus dieser Position heraus sprechen wir für uns.

Obwohl wir Männer* explizit aus dem Raum ausschließen, glauben wir, dass Männer* eine pro-feministische Praxis leben können, wenn sie sich mit ihrem verinnerlichten Sexismus, ihrem eigenem Rollenverhalten und Verantwortlichkeiten auseinandersetzen und genau das fordern wir ein. Wir halten es für notwendig, dass Männer* ihre Position in der Gesellschaft sehen und reflektieren, daraus besteht die Solidarität, die Männer* uns entgegenbringen können.

Wir wollen uns mit dieser Raumbesetzung bestehenden feministischen Projekten nicht entgegenstellen, aber wir haben den klaren Anspruch, die Dimension von Stadt- und Raumpolitik in unseren feministischen Diskurs zu integrieren.

Was wollen wir?

Wir wollen einen Raum schaffen, in dem wir sexistische Machtverhältnisse nach unseren Möglichkeiten aushebeln, in dem wir leben, uns frei bewegen können ohne uns zuerst wieder die Zähne auszubeißen an diskriminierenden Verhalten und Strukturen, die wir leider auch immer wieder in jenen Räumen und Projekten erleben, die einen emanzipatorischen Anspruch haben.

Wir haben auch andere Interessen und Träume als uns immer mit dem gleichen Sexismus herumzuschlagen und einen nicht diskriminierenden Umgang einzufordern und so doch wieder die ewig Reproduzierenden zu sein.

Warum besetzen wir dieses Haus? Oder anders gefragt: Warum mieten wir es nicht?

Diese Frage kann auf zwei Wegen beantwortet werden. Erstens wollen wir nicht. Tagtäglich werden Menschen aus ihren Wohnungen delogiert, die Mietpreise sind so hoch, dass es nicht mehr eine Sache der freien Entscheidung ist, wer wo wohnt. Wir wollen der Aufwertungspolitik etwas entgegensetzen, in dem wir ein Haus, das wie viele andere leer steht, während anderen ein Dach über dem Kopf fehlt, selbstbestimmt nehmen und als das nutzen, als was es gebaut wurde. Als Lebensraum.

Wir wollen uns keiner wirtschaftlichen und sozialen Stadtpolitik unterordnen und anschließen, mit deren Reaktion auf Leerstand wir nicht einverstanden sind. Außerdem stellt ein  Mietverhältnis auch immer eine Hierarchie dar, der die eigenen Ansprüche an Zusammenleben und zusammen wirken angepasst werden müssen und die sich meistens auf sexistische, rassistische und homophobe Weise äußert. Für ein lesbisches Pärchen oder eine Person mit Migrationshinter/vorder/untergrund gestaltet sich die Wohnungssuche definitiv schwieriger, als für eine österreichische Kleinfamilie.

Wir wollen uns keiner wirtschaftlichen und sozialen Stadtpolitik unterordnen, die klar im Sinne von kapitalistischen Interessen bestimmt ist und in der die Verwertbarkeit von Stadt die höchste Priorität einnimmt. Nicht nur von einem Recht auf die Nutzung in Form von Mietwohnungen, sondern auch auf das Mitspracherecht und das Recht, daran teilzunehmen, wie unser Lebensraum verändert und gestaltet wird, wollen wir Gebrauch machen. Dieses Recht auf Stadt, welches wir nicht in einem juristischen Sinne, sondern als eine kollektive Forderung verstehen, wollen wir nicht denen, die das Geld dafür haben überlassen, sondern auch denen, die die Stadt nutzen – also auch uns selbst nehmen.

Regelmäßig werden Menschen delogiert, besetzte Häuser geräumt und Wagenplätze vertrieben. Wir fordern, dass selbstbestimmte und selbstorganisierte Lebensformen erhalten bleiben und bestehen bleiben dürfen, und nicht nur jene Lebensformen, die in ein exkludierendes Stadtvermarktungskonzept von Investor_innen und Firmen passen, und in denen nur bestimmte Menschen gewünscht sind und der Rest verdrängt wird. Wir finden, das Diversität und Heterogenität Qualitäten der Stadt sind, die durch Gentrifizierungs-, Exklusions- und Vertreibungsprozesse gestoppt und unterbunden werden. Dagegen wehren wir uns. Wir wollen in keiner homogenen Gesellschaft und Stadt leben!

Und zweitens können wir nicht. Denn die astronomischen Geldsummen, die mittlerweile für das Grundbedürfnis Wohnen und das darüber hinausgehende gemeinschaftliche Nutzen und nutzbar machen von Räumen notwendig sind, haben wir nicht.

Raumnutzung

Innerhalb unseres sozialen Netzwerkes möchten wir gemeinsam leben und uns wohlfühlen. Den Raum, den wir uns angeeignet haben, sowie unser Zusammenleben darin wollen wir selbstorganisiert gestalten. Unser Haus soll aber außer einem Wohlfühlort auch ein politischer Raum sein, in dem wir gemeinsam Verantwortung übernehmen wollen und wo wir kontinuierlich miteinander arbeiten können.

Wir möchten in unserem Haus einerseits wohnen, andererseits nicht isoliert sein, sondern vielmehr eine Tür nach außen öffnen, denn ein Austausch mit anderen Personen ist uns sehr wichtig. Der Raum soll sogleich bewohnt, als auch bespielt, sprich auch von Nutzer­_innen belebt werden. Dennoch wollen wir in unserem Haus keine Party Location, sondern es durch Veranstaltungen in Form von Diskussionsrunden, Workshops, Vorträgen, Lesungen und Filmvorführungen zu queer-feministischen und anderen politischen Themen bespielen.

Wir selbst als Kollektiv befinden uns in einem nicht abgeschlossenen Diskussionsprozess über Dekonstruktion von (Geschlechter-)Hierarchien und ein wünschenswertes Zusammenleben. Unsere Handlungsansätze, die wir miteinander erarbeitet haben, sollen so nach außen getragen werden, sodass neue Ideen entstehen können. Wir können uns auch vorstellen, das Haus zu einem Treffpunkt in Form eines (Straßen-)Cafés für externe Personen, die am Projekt interessiert sind, zu öffnen. Auch ein Infoladen mit Büchertisch zu queer-feministischen und (Stadt-)politischen Themen soll Platz im Haus finden. Wir möchten voneinander lernen, deshalb planen wir, Werkstätten, also Siebdruck-, Holz- und Metallwerkstätten einzurichten. Menschen, die wenig Geld für Materialien und Workshop-Kosten haben, können sich hier vernetzen und ihr Wissen unentgeltlich austauschen. Gemeinschaftlicher Besitz kann so am besten gemeinschaftlich genutzt werden.

Definitionen:

Queer-Feminismus…

…geht davon aus, dass es eine Vielzahl von Geschlechtern und Geschlechtsidentitäten gibt, die sich nicht in die Kategorien Mann* und Frau* einteilen lassen (wollen). In unserer Gesellschaft müssen wir immer noch entscheiden ob wir Mann* oder Frau* sind, es gibt jedoch keine (offizielle) Möglichkeit, fließende, unbestimmte und uneindeutige Identitäten in Bezug auf Geschlecht, Gender und Sexualität zu definieren. Wir wollen einen Raum, in dem eine Vielzahl von Identitätsentwürfen möglich ist. Obwohl wir gegen eine Einteilung in Mann*/Frau* sind, wollen wir nicht außer Acht lassen, dass Geschlecht in unserer Gesellschaft dazu verwendet wird, Diskriminierung zu rechtfertigen. Menschen, die als Frauen* definiert werden, haben in unserer Gesellschaft mit Sexismen, patriarchalen Strukturen und Benachteiligungen zu kämpfen. Geschlechtskategorien sind jedoch immer mit anderen Kategorisierungen verwoben, auf Grund derer Menschen benachteiligt werden, wie beispielsweise Ethnizität, Fähigkeiten, Alter, ökonomischer Möglichkeiten etc. Inwiefern eine Person Vorteile und Nachteile in unserer Gesellschaft hat, muss auf Grund unterschiedlichster Kategorisierungen reflektiert werden.

 Frauen*

Der Stern* weist darauf hin, dass die Kategorie Frau keine einheitliche, biologische oder sozial konstruierte Identität darstellt. Menschen können sich immer, hin und wieder, teilweise oder unter anderem usw. als Frauen* benennen. Die Bezeichnung Frau* weist aber auch darauf hin, dass Frauen* Unterdrückungsmechanismen ausgesetzt sind, gegen die sie tagtäglich ankämpfen müssen.

Stern*

Der Stern* versucht Personen sichtbar zu machen, die sich nicht in vorgegebenen Kategorien wie Frau, Mann und Transgender einordnen lassen wollen.

FLIT…

…ist die Abkürzung für Frauen*Lesben*Inter*Transgender*

SEXISMUS UND PATRIARCHALE STRUKTUREN GEMEINSAM BEKÄMPFEN!!! FÜR EINE ANTISEXISTISCHE PRAXIS!!!